Hallo Thomas,
ich habe den Eindruck, dass hier der Versuch unternommen wird, analoge Arbeitsweisen in die digitale Welt herüber zu retten. Das funktioniert nur mäßig gut.
Wir kennen alle das Problem, dass wir uns bei der Erstellung eines Dokuments für eine Schriftgröße entscheiden müssen, die einerseits eine gute Lesbarkeit garantiert und andererseits den Seitenumfang nicht allzu sehr aufbläht. Das Ganze soll dann auch zu allem Überfluss auch noch ansprechend aussehen. Unser Auge möchte Textstrukturen erkennen können, weshalb wir Überschriften größer setzen und etwas vom Text absetzen. Willkommen Schriftarten, Schriftstile, Schriftgröße, Farben etc. Willkommen in der Typographie-Hölle!
Der Leser muss dann mit unserer Entscheidung leben. Ist ihm die Schrift zu klein, muss er eine Lupe benutzen, anderenfalls sich über die Papierverschwendung beklagen.
Fast Forward ins 21. Jahrhundert: Mensch wird plötzlich damit konfrontiert, Texte in digitalen Systemen verfassen zu sollen und schickt seine Augen auf die Suche nach den Textwerkzeugen, die er aus der analogen Welt kennt. Millisekunden später hat das Hirn reflexartig entschieden, Atto Scheiße zu finden, da es diese Möglichkeiten scheinbar nicht bietet. Wie soll er denn damit seine Vorstellung davon umsetzen, wie der Text "auszusehen" hat?
Die weniger hilfreiche Antwort: Kann er nicht!
Die hilfreichere Antwort: Muss er nicht!
Hier kommt Atto als Auszeichnungseditor ins Spiel. Der Benutzer teilt dem System mit, welche Textteile Überschriften auf welcher Hierarchiestufe, Fließtext oder Hervorhebungen sind und überlässt moodle und dem Browser der Nutzer die Entscheidung darüber, wie diese Vorgaben grafisch umgesetzt werden. Nachteil für Ihn, er kann das "Aussehen" seiner Seite nicht kontrollieren. Vorteil: Er braucht sich keine Gedanken über unterschiedliche Displaygrößen, Auflösungen, Möglichkeiten sehbehinderter Nutzer und so weiter zu machen, denn mittels Browsereinstellungen kann sich jeder den Inhalt so aufbereiten (lassen), wie es für seine Ansprüche erforderlich ist. Das funktioniert dann selbst für Blinde mit Braille-Reader oder Vorlesefunktion, denn mittels der Textauszeichnungen kann man sogar im Text navigieren, automatisch Inhaltsverzeichnisse generieren etc.
Abgesehen davon kann sich der Nutzer ggf. sogar selbst für ein moodle-Theme entscheiden, dass ihm zusagt und bekommt trotzdem jederzeit eine einwandfreie und konsistente Darstellung.
Bleibt noch die kleine Zahl der Fälle, bei denen das Aussehen des Textes tatsächlich Teil der Information und damit unumgänglich für das Verständnis ist. Hier wäre dann zu diskutieren, ob man sich dann nicht klassischer Werkzeuge bedient und das Ergebnis als PDF ausgibt, was dann ein verbindliches Aussehen transportiert - mit allen Nachteilen, wenn man dann z. B. probiert das auf einem Mobilgerät zu lesen.
Selbst wenn man mit dem Vorschlaghammer dran geht und Online-Text mit css-Attributen formatiert, ist das lediglich ein Vorschlag, den der Nutzer mittels Browsereinstellungen ("Benutze Schriftart XY und verwirf alles CSS") jederzeit ignorieren kann. Die Kontrolle über das Aussehen von Seiten im Internet ist also letztlich eine Illusion.
Ich glaube, dass es ein ganz entscheidender Schritt in die digitale Welt ist, sich mit dieser ungewohnten Vorgehensweise auseinanderzusetzen und sie als etwas positives zu sehen. Für die Paar Fälle, in denen eine reine Textauszeichnung nicht ausreicht, kann man sich dann an CSS austoben. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass man das im moodle-Kontext tatsächlich sehr sehr selten braucht.
Ich denke, dass es sich lohnt, diese Diskussion mit seinen Nutzern zu führen und es auszuhalten, dass vielleicht nicht jeder sofort begeistert ist.
Viele Grüße
Thorsten