Lieber Herr Schlatter,
damit bin ich pesönlich nicht ganz einverstanden, auch wenn Ihre Darstellung den Hauptkritikpunkt an Flipped Classroom trifft.
Das entdeckende Lernen wird mit diesem Konzept nicht abgeschafft. Der Flipped Classroom in Reinform beinhaltet Erklärvideos, aber es ist nicht gesagt, dass jedes Mal vor einer Stunde erklärt werden muss. Man kann auch ein Video zu einer offenen Fragestellung erstellen, in dem dann Basiswissen für die weitere Auseinandersetzung beinhaltet ist. Genauso kann ein Erklärvideo auch ans Ende einer entdeckenden Erarbeitungsphase gesetzt werden. Damit verbessert man einerseits das Entdeckte, andererseits holt man die in Sackgassen gelandeten Schüler wieder auf einen Nenner.
Im Flipped Classroom geht es nicht allein darum, jede Erklärphase vor den Unterricht zu stellen, sondern bei der Unterrichtsplanung abzuwägen, wann ein kollaboratives oder differenziertes Arbeiten notwendig ist und wann ich ein Minimum an Input geben muss. Dieser Input, der vom schwächsten Schüler ausgeht, wird dann in die nachmittägliche Lernphase gesetzt.
Der Vorteil von Flipped Classroom wird meiner Meinung nach erst in seiner Ganzheitlichkei wirksam: Schüler arbeiten selbstorganisiert und mit Hilfe eines Digitalen Klassenzimmers (z.B. moodle) stehen Lerninhalte ständig zur Verfügung, auch wenn nicht jedes Erklärvideo als "Intro" diente. So verküpft man die Lebenswelt der Schüler mit dem Klassenzimmer der Schule.
Darüber hinaus muss ich mir als Realschullehrer aber auch gezielt entdeckendes Lernen "herauspicken". Würde ich dies dauerhaft in den Unterricht integrieren, wäre die Bereitschaft meiner Schüler, etwas für Mathe zu tun, bereits in den Keller gesunken. Man stelle sich vor, jede Unterrichtsstunde wäre entdeckend, das halten nicht einmal wir Lehrerauf einer Fortbildung aus. Sind wir doch ehrlich: Nur mit intrinsischer Motivation kann ich Schüler vom entdeckenden Lernen begeistern. Alle anderen rennen in Sackgassen, warten auf die Lösung, schreiben ab und bekommen wieder keinen Zugang zur Mathematik. Ich gehe in meinem Unterricht dahin, dass ich entdeckendes Lernen differenziert und nicht für alle anbiete. So kann sich jeder seinen Lerninteressen entsprechend einen Sachverhalt aneignen.
Dozeneten und Professoren, die mir spontan einfallen:
Christian Spannagel; Jörn Loviscach; Jürgen Handke; Christian Freisleben-Teutscher und die FH St. Pölten; Dniel Lambach; Malte Persicke; Christian Decker
Alle müssten im Netz zu finden sein.