Moodle als Kommunikationsdrehscheibe im interkulturellen Diskussionsprozess

Moodle als Kommunikationsdrehscheibe im interkulturellen Diskussionsprozess

von Peter Sereinigg -
Anzahl Antworten: 3

Wie lange brauchen junge Menschen, ähnlicher Altersgruppe, um sich auf Gesprächsthemen zu einigen?

Ich habe vor einigen Wochen hier auf moodle.org  Erich Driever kennengelernt, der am Kigali Institute of Science, Technology and Management (KIST) Kigali, in Rwanda (Ruanda) unterrichtet. Innerhalb von wenigen Stunden haben wir unter Verwendung von Foren und dann Skype uns auf einen Versuch verständigt, seine Studierenden und unsere Studierenden gemeinsam einmal "werken" zu lassen.

Vorweg, es war echt spannend zu erleben, wie zwei unterschiedliche Kulturkreise in  2,5 Stunden sich zuerst einmal in unterschiedlichen Chaträumen abtasteten, sehr vorsichtig, dann immer mutiger und am Schluss erfrischend provokant.

Kommuniziert wurde in 4 Chaträumen in englisch , die ich auf meinem Server unter Moodle speziell dafür einreichtet habe. Ruanda liegt in unserer Zeitzone. Alle beteiligten Studierenden wurden per Batchupload in den Kursraum automatisch eingetragen, das hat einiges an Anlaufproblemen erspart, die es aber immer wieder gibt und gerade bei so etwas dann Zeit kosten würden.

Der Ablauf:

  • In einigen Vorgsprächen -und das meine ich damit wörtlich (Skype) haben Erich und ich mich darauf geinigt, für das erste Kennenlernen kein Thema vorzugeben, nur "findet zueinander".
    Wie lange brauchen Menschen, ähnlicher Altersgruppe, um sich auf Gesprächsthemen zu einigen, wenn es so viele Unbekannte gibt? Richtig: 2-3 Sätze und es geht los, die erste vorsichtige Frage, eine Antwort, Nachfrage, ein anderer mischt sich ein/eine andere usw... und so gehts los - ohne viel tun. Innerhal kürzester Zeit "summte" es in den Chaträumen. Ich habe nicht vor hier inhaltliche Internas preiszugeben, aber nur als Zeichen, wie spannend so was werden kann:
    Dass es bei uns 23 Jährige unverheiratete Studentinnen gibt, ohne Kinder ... ist für ein Land in dem teilweise mit 12 geheiratet wird schon was sehr außergewöhnliches ...
  • Gerade  diese Gegensätze schaffen das verbindene der Diskussion, die nicht darauf aus ist, wqer hat das letzte Fußbalsspiel gewonnen, sondern da gehts ins inhaltliche eingemachte ohne große Vorgaben.
  • In Summe waren an die 25 Studierenden an dieser Aktion beteiligt. Das war eine für uns für den ersten Versuch gerade noch überschaubare Größenordnung.
  • Kathrin Lind, meine Diplomandin, die schon in der Vorbereitung sehr aktiv war und ich waren via skype konferenz auf den Lautsprecher im Seminarraum in Ruanda geschaltet, hörten so was passiert und konnten auch anweisungen geben, Fragen kamen dann per Chat.
    Das hat super geklappt.
  • Vor Ort in Ruanda waren Erich Driever und sein Mitarbeiter Heinrich Rukundo MUTSINZI , die ihren Studierenden mit Rat und Tat zur Seite standen.
  • Wir (Moderator/innen) hatten alle 4 Chatrooms offen und konnten so sehen, was wo gerade passiert oder auch nicht und zusätzlich kommunizierten wir via msn um so auch die Organisatoren/innen zu koordinieren.
  • Teilweise habe ich später erfahren, taten das meine Studierenden auch und waren so virtuell gleich in mehren Theman vertreten.
  • Erich hat schon während der ganzen Aktion Fotos geschossen und so waren die fehlenden TeilnehmerInnenbilder bei den Profilen schnell ergänzt.

Wie geht es weiter:

  • In den nächsten 2 -3 Wochen werden die beteiligten Studierenden in einem gemeinsamen Forum sich Themen herausarbeiten, die für Sie wechselseitig interessant sind und so werden wir den Spassfaktor noch um einen inhaltlich gesteuerten Faktor, zielorientiert erweitern.
  • Dann werden wir wieder in mehren Chaträumen, diesesmal aber zusätzlich auch französisch, uns mit den Themen beschäftigen
  • Geplant ist eine anschließende Aufarbeitung im Forum oder WIKI, wir werden sehen ...

Danke Erich, dass wir das ausprobieren dürfen, ist echt toll!

Peter

 

p.s.: ... bei unseren Skype-Telefonaten hatte er 30 Grad plus und wir 15 Grad Minus ... und das ist ungerecht!

 

Mittelwert:  -
Als Antwort auf Peter Sereinigg

Re: Moodle als Kommunikationsdrehscheibe im interkulturellen Diskussionsprozess

von Kathrin Lind -

Ich möchte nur auch noch einmal aus Studentensicht kurz festhalten was für ein Erlebnis unser Ruanda-Chat war:

Am Anfang waren alle gespannt darauf, in Stellung gebracht in den 4 Chaträumen, was passieren wird. Da ich ja über Skype direkt live dabei war, sind laufen Fragen aufgetaucht wie: wie schauts aus? ist schon jemand online? wann gehts endlich los?
Bis dann endlich der erste den ersten Chatraum betrat und natürlich gleich von Begrüßungen überhäuft wurde. Immer mehr ChatpartnerInnen lösten bei uns Studenten immer größeres Entzücken aus, bis wir dann endgültig mit allen StudentInnen aus Ruanda chatteten.

Nach anfänglicher Schüchternheit wollte nach über 2 Stunden intensivem chatten niemand wirklich freiwillig aufhören. Unsere ChatpartnerInnen aus Ruanda sind so offene und interessierte Menschen, dass nach dem Ausräumen der weit verbreiteten Meinung von Kängurus in Österreich, das finden gemeinsamer Gesprächsthemen überhaupt kein Problem war. Allein die kulturellen Unterschieden haben auf beiden Seiten Erstaunen und dadurch noch größeres Interesse geweckt.

Jetzt freue ich mich schon auf unseren nächsten Chat mit unseren neuen Freunden!
Auch ich möchte mich noch einmal bei dir bedanken Erich, dass du uns die Möglichkeit gegeben hast.

Kathrin

Als Antwort auf Peter Sereinigg

Re: Moodle als Kommunikationsdrehscheibe im interkulturellen Diskussionsprozess

von Erich Driever -
Vielen Dank Peter für die ausführliche Beschreibung unseres Experimentes. Dank Deiner Vorbereitungen, der von Kathrin Lind und all den Studenten war es uns möglich, mit Freude daran teilzunehmen. Unser eigener Server ist noch nicht online, wir entwickeln zurzeit noch auf Intranetebene.

An dieser Stelle will ich nun versuchen, einige Hintergrundinformationen zu liefern und die Bedeutung von Chat und Forum in unserem Zusammenhang darzustellen.

Wo liegt eigentlich Ruanda ?
Infos zu Ruanda:
http://www.rwandainformation.org/

http://www.auswaertiges-amt.de/www/de/laenderinfos/laender/laender_ausgabe_html?land_id=138

Was ist KIST ?
Kigali Institut of Science, Technologie and Management – KIST
http://www.kist.ac.rw

und worum geht es eigentlich ?

Damit wir in unseren modernen globalen Wissensgesellschaften, Schul- und Universitätsausbildungen den hohen Qualitätsansprüchen gerecht werden können, wird es einfach erforderlich, mehr in Gruppen zusammenzuarbeiten global, interkulturell- und interdisziplinär zu denken und zu handeln. Nur so werden wir auch den vordringlichen Zielen der internationalen Entwicklungspolitik gerecht, Armutsbekämpfung, Menschenrechte usw. (wir planen z.B. die Entwicklung von Lernmodulen zum Thema „renewable energies“)

Als ich vor einigen Wochen damit begann hier am KIST in Kigali, Ruanda, eine e-learning Umgebung zu installieren, war mir lange noch nicht bewusst welche Bedeutung die moodle-Kommunikationsmöglichkeiten für den Lernprozess darstellen und welche Vorteile eine internationale Zusammenarbeit mit sich bringen könnte.

Bislang war ich kein großer Fan von Chat und Forum doch so langsam erkenne auch ich die diversen Chancen und Möglichkeiten, erfahre für mich viel Neues. Das, woran ich arbeite und worüber ich schreibe, erlebe ich nun immer wieder ganz persönlich zusammen mit der Gruppe und bin erstaunt über die Fülle neuer Erkenntnisse die sich da auftun. "Darüber zu lesen" und "es zu tun" sind einfach Welten.

All diese Erkenntnisse werden nun ihren Niederschlag in unserer täglichen Arbeit finden. Mit der Einführung dieser Lernumgebung forschen und lernen wir nun alle gemeinsam, Studenten und Dozenten, hier und tausende Kilometer entfernt in einem anderen Kulturkreis.

Mich beeindrucken besonders Peters Aktivitäten und gleichzeitig seine Geduld im Umgang mit Menschen die erst langsam beginnen sich in dieser technologieorientierten Umgebung zurechtzufinden. Ich denke, das sind entscheidende Faktoren (Eigenschaften) die wir bei der Einrichtung von e-learning Umgebungen berücksichtigen müssen. Geduld, Empathie und der Wille zur Zusammenarbeit wird uns für die Zukunft weitere interessante Erkenntnisse liefern.

An dieser Stelle will ich mich noch einmal ganz herzlich bei allen Studenten bedanken die an diesem Experiment teilnehmen und uns damit für die Zukunft viele neue Möglichkeiten eröffnen. Ich freue mich auf die nächsten Treffen und sende Euch einige Sonnenstrahlen...

Erich Driever
Anhang Bild2707.jpg
Als Antwort auf Erich Driever

Re: Moodle als Kommunikationsdrehscheibe im interkulturellen Diskussionsprozess

von Ulrike Montgomery -

Auch ich war bis jetzt kein großer Fan von Chats und Foren. Meine Meinung habe ich schnell geändert - wir haben jetzt  zwei internationale Foren zusammen mit einer High School in South Carolina (Art Lader). Das läuft folgendermaßen ab:

Auf unserem Schulmoodle befindet sich das deutsch-amerikanische Forum : meine Schüler (Berufskolleg Wirtschaftsinformatik) schreiben englisch Arts Schüler schreiben deutsch.                                                           

In South Carolina nehme ich mit einer Klasse (Berufskolleg Fremdsprachen)  am französischen Forum teil. Beide Gruppen schreiben französisch. Eine Schulklasse aus Belgien wird noch dazukommen. Mit einem Chat hat es noch nicht geklappt (6 Stunden Zeitverschiebung), aber wir werden eine Lösung finden. 

Moodle eignet sich wirklich sehr gut zum interkulturellen Lernen.

Gruß aus Mannheim,

Ulrike